Gae Aulenti Square - Milan (photo by Zac Wolffgel - Unsplash.com)
Gelegenheit Großveranstaltung
Wie verwaltet man negative externe Effekte zwecks Maximierung der positiven Auswirkungen für die lokale Gemeinschaft und das GebietJede Großveranstaltung umfasst zwei unterschiedliche Interpretationen: einerseits die des Schaufensters, der Sichtbarkeit der betroffenen Stadt für die ganze Welt, und andererseits die der Aufmerksamkeit gegenüber den potenziellen Risiken und negativen externen Effekten, die sich vor allem auf die Bürger auswirken.
Mit der Expo 2015 ist es Mailand gelungen, vor allem die erste dieser Interpretationen aufzuwerten, indem die anfänglichen Komplikationen und organisatorischen Schwierigkeiten, die mit Veranstaltungen dieser Tragweite unweigerlich verbunden sind, gemanagt und in eine Gelegenheit zur Sichtbarkeit verwandelt wurden. Die Stadt erfuhr dadurch eine Wiedergeburt, sowohl in der Wahrnehmung durch ihre Einwohner als auch in der der anderen Länder.
Die Veranstaltung an sich stellt dabei nur die letzte Phase eines langen Weges dar, bei dem die Momente, die ihr vorangehen, für ihren Erfolg oder Misserfolg wesentlich sind.
Von grundlegender Wichtigkeit ist die Tatsache, dass eine Großveranstaltung auf eine Art und Weise gehandhabt werden muss, bei der alle öffentlichen und privaten Schlüsselakteure, die zur Beteiligung berufen sind, miteinbezogen werden; erst wenn das Hindernis der Governance-Organisation und der Beziehungen zwischen den verschiedenen Stakeholdern überwunden ist, und erst wenn alle zur Zusammenarbeit motiviert sind, kann man zusammen ein gemeinsames Ziel anstreben.
Ein gemeinsames Ziel, das nicht nur in der Veranstaltung an und für sich besteht, sondern auch in der Fähigkeit, die Gelegenheiten zu nutzen, die sie bietet: die Gelegenheit, die Stadt im Ausland bekannt zu machen und neue Touristen anzuziehen, die Gelegenheit zur städtischen Regenerierung, die Gelegenheit zu nachhaltigeren Politiken, die Gelegenheit, der lokalen Gemeinschaft neue Dienstleistungen anzubieten.

Expo 2015 Village, Milano (photo by Ricardo Gomez Angel – unsplash.com)
In den Monaten, in denen die Expo 2015 stattfand, wurde die lokale Gemeinschaft beispielsweise in vorderster Front in die kulturelle Regeneration der Stadt miteinbezogen. Die Bürger selbst konnten dank einer im Rahmen des Projekts „Expo in Città” (Die Expo in der Stadt) geschaffenen Crowdsourcing-Plattform Veranstaltungen vorschlagen und sogar organisieren. Dieses Projekt entstand aus einer Vereinbarung zwischen der Gemeinde Mailand und der Handelskammer und verfolgte den Zweck, sämtliche Veranstaltungen auf Mailänder Gebiet außerhalb des Expo-Areals zu fördern und zu koordinieren. Auf diese Weise wurde ein Programm mit insgesamt sage und schreibe 46.000 Veranstaltungen – 250 pro Tag – verwirklicht, das 2.300 bürgerliche Organisatoren aus Italien und aus dem Ausland unter der gemeinsamen Leitung von YES Milano involvierte. Als Hilfsmittel diente dabei auch eine Zentrale Event-Anlaufstelle, die eigens hierfür eingerichtet wurde und auch nach Abschluss der Expo weiterhin zum Wohl der Stadt aktiv ist.
Eine Großveranstaltung kann erst dann als Erfolg betrachtet werden, wenn sie Veränderungen mit sich bringt, die auch nach ihrem Abschluss weiterhin Vorteile erzeugen.
Die neue U-Bahnlinie M5, die neue Politik für eine nachhaltige Versorgung der Stadt Mailand und der anderen Städte, die sich auf deren Initiative hin dem internationalen Netzwerk angeschlossen haben, die Sanierung von Vierteln wie dem der „Darsena“, neue Dienstleistungen der Gemeinde wie Bike Sharing – all das sind Beispiele dafür, dass es die Stadt verstanden hat, eine Großveranstaltung wie die Expo 2015 zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Es ist Mailand nicht nur gelungen, die negativen externen Effekte (Verkehr, Staus, Abfallwirtschaft…) so weit wie möglich zu reduzieren oder zumindest die Nachteile für die Bürger der Stadt in den Monaten, in denen die Expo effektiv stattfand, in Grenzen zu halten, sie war auch imstande, Innovationen zu fördern, von denen die Gemeinschaft und die Umwelt weiterhin profitieren (mehr lokale öffentliche Transportmittel, neue Mobilitätsdienste usw.).
Der von der Gemeinde angebotene Bike Sharing-Service ist eines der emblematischsten Beispiele dafür: Der Service Bikemi wurde im Jahre 2008 ins Leben gerufen und konnte bereits im ersten operativen Jahr mehr als 700.000 Nutzungen verzeichnen; heute, zehn Jahre nach seinem Start gibt es 292 Stationen in der ganzen Stadt, die den Bürgern 3.650 traditionelle Fahrräder und 1.150 Fahrräder mit Trethilfe zur Verfügung stellen, davon 150 mit Kindersitz. Ein Service, der bis heute 25 Millionen Nutzungen und 650.000 Benutzer verzeichnen konnte, wobei sich die Daten noch in Entwicklung befinden. Mit der letzten Neuheit des Jahres 2019, die die Integration des Bikemi-Abos in die Fahrkarte für die lokalen öffentlichen Transportmittel vorsieht.
Anlässlich der Olympiade Mailand-Cortina 2026 soll auf die gleiche Weise vorgegangen werden, indem das involvierte Gebiet, das vier Regionen/Autonome Provinzen umfasst, auch dank der Investitionen, die Veranstaltungen von diesem Ausmaß anziehen, angekurbelt wird. Die Olympiade bietet nämlich die Gelegenheit, die internationale Position nicht nur Mailands sondern ganz Italiens als Reiseziel oder als Ort, wo man gerne arbeiten, leben oder investieren würde, zu verstärken; sie ist auch ein Mittel, um einen weiteren Schritt in Sachen Nachhaltigkeit nach vorne zu machen, indem die Entwicklung innovativer Lösungen gefördert wird. Man will somit die Stärke von Großveranstaltungen nutzen, um langfristige strategische Pläne zu verwirklichen, sowohl die bereits vorhandenen als auch neue Projekte, die mit Sport, Kultur, Wirtschaft und Innovation zusammenhängen.
Die Veranstaltung wird sich die neue U-Bahnlinie M4 zunutze machen, die bereits geplant ist und sich derzeit im Bau befindet, dank der man das Stadtzentrum vom Flughafen Linate aus in nur 14 Minuten erreichen kann. In Sachen Nachhaltigkeit hingegen hat sich die Gemeinde Mailand, angespornt durch die Gelegenheiten der Olympiade, die Erneuerung städtischer Bereiche vorgenommen. Es sollen neue Parks angelegt und Stadtviertel wiederbelebt werden, die von den für die Veranstaltung notwendigen Infrastrukturen betroffen sind, wie der Eisenbahnhof Porta Romana oder das Viertel Santa Giulia, wo der Bau des olympischen Dorfs geplant ist.
Um Vorteile aus Großveranstaltungen zu ziehen, muss daher für jede organisatorische Phase vorher und die Realisierungsphase nachher garantiert sein, dass man sich stets der Auswirkungen auf die lokale Gemeinschaft und der langfristigen Folgen für das Gebiet bewusst ist, wenn die Stadt nicht mehr im Rampenlicht steht.
