Mit der Leitinitiative Ein ressourceneffizientes Europa fördert die Europäische Kommission die Festigung neuer und effizienter Transportmodalitäten, um den Mobilitätsbedürfnissen von Menschen und Gütern gerecht zu werden, wobei dem individuellen Transport ein geringer Anteil an der Gesamtanzahl der Verbringungen vorbehalten wird.
Das Weißbuch 2011 Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einer wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrspolitik hält insbesondere die Perspektiven fest, die verfolgt werden müssen, um das Verkehrssystem wettbewerbsfähig, nachhaltig und effizient zu gestalten. Das Ziel besteht in der Verwirklichung eines Mobilitätssystems, das den wirtschaftlichen Fortschritt Europas unterstützt und die Wettbewerbsfähigkeit der Gebiete mit Dienstleistungen mit hohem Qualitätsniveau festigt, wobei gleichzeitig eine effizientere Nutzung der Ressourcen garantiert werden soll. Zu den Schlüsselthemen, die das Weißbuch behandelt, zählt auch die bessere Integration der modalen Verkehrsnetze mit Flughäfen, Bahnhöfen, Autobussen und U-Bahn, die immer stärker miteinander vernetzt sind und in multimodale Verbindungsplattformen für die Passagiere verwandelt werden.
Vor diesem Hintergrund kam ein Prozess ins Rollen, der bereits im Jahre 1997 mit dem italienischen gesetzesvertr. Dekr. Nr. 422 zur Übertragung von Funktionen und Aufgaben im Rahmen des lokalen öffentlichen Transportwesens an die Regionen und örtlichen Körperschaften in die Wege geleitet wurde, nämlich die Liberalisierung des lokalen öffentlichen Transports, die auf die Rationalisierung der Verkehrsnetze durch die modale Integration und die vereinheitlichte Tarifierung ausgerichtet ist.
Mit Regionalgesetz Nr. 6/2012 legt die Region Lombardei eine neue Governance-Struktur im öffentlichen Transportsektor fest. Diese leitet einen Prozess zur Überwindung der alten administrativen Logiken unter Anwendung der europäischen und innerstaatlichen Vorgaben in Sachen Lokaler Öffentlicher Transport (ital. Trasporto Pubblico Locale = TPL) in die Wege, um zum Konzept des „Einzugsgebiets“ als optimalen territorialen Bereich für eine effiziente Verwaltung des öffentlichen Transports zu gelangen, indem dem Mobilitätsbedürfnis eine effiziente Antwort im Hinblick auf die Marktöffnung und die Garantie der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Betreiberunternehmen geliefert wird.
Die TPL-Agenturen werden zu kompetenten Einrichtungen für die Programmierung der integrierten Verkehrsdienstleistungen für die sechs Einzugsgebiete, die in der Region ausgemacht und nach dem Prinzip der Aggregation der Provinzgebiete und der „Abgrenzung“ der Mobilitätsphänomene festgelegt wurden: Bergamo, Brescia, Cremona-Mantua, Como-Lecco-Varese, Sondrio, Mailand-Monza-Brianza- Lodi-Pavia.
Die Region Lombardei hat zahlreiche Programmierungsmaßnahmen verwirklicht, die auch darauf abzielen, zur Nutzung der öffentlichen Transportmittel und anderer Verkehrsmodalitäten anzuregen, die umweltfreundlicher sind: Der Regionale Gebietsplan der Lombardei (PTR, der auf eine Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit, den neuerlichen Ausgleich des Gebiets, den Schutz und der Aufwertung der Ressourcen abzielt), das Regionale Mobilitäts- und Transportprogramm (PRMT, das eine integrierte Programmierung der Infrastrukturnetze und der Transportdienstleistungen fördert), der Regionale Eingriffsplan für die Luftqualität (PRIA, dessen Ziel in der integrierten Planung des Gebiets basierend auf der Zugangsfähigkeit zu den öffentlichen Transportnetzen besteht), und der Regionalplan für die Mobilität mit dem Fahrrad (PRMC, der die Intermodalität TPL-Fahrrad und Zug-Fahrrad begünstigen will, damit das Fahrrad täglich zum Zurücklegen der letzten Meile verwendet werden kann).
In diesem Zusammenhang und mit dem Ziel, den neu entstandenen TPL-Agenturen beim Entwicklungsprozess der einzelnen TPL-Einzugsgebietsprogramme behilflich zu sein, war es der Wille der Region, eine Reihe von Pilotprojekten zu starten, die in diesen Prozess das „Enzym“ der integrierten Schiene-Straße-Planung einbringen sollten. Ausgangspunkt war dabei die gefestigte Praxis der Transportplanung, die in reelle Kontexte versetzt wurde, die sich aufgrund des infrastrukturellen Bezugsszenario, des geografischen, orografischen, städtebaulichen und Besiedelungskontexts, der angebotenen Eisenbahndienstleistungen und der überwiegenden Segmente der Nachfrage nach einem Ortswechsel voneinander unterscheiden. Dies auch mit einem Augenmerk auf die nicht-systematische Mobilität schlechthin, d.h. jene, die alle Funktionen einer komplexen Gemeinschaft betrifft, die nicht nur mit dem Studium und der Büroarbeit verbunden sind. In Zusammenarbeit mit NET Engineering wurden genaue oder auf lokale Bereiche bezogene Situationen für die Einzugsgebiete von Brescia, Bergamo, Sondrio, Cremona-Mantua und Como-Lecco-Varese analysiert. Für jedes von ihnen wurde ein ganz bestimmter Bereich einem näheren Studium unterzogen, stets unter Berücksichtigung des wesentlichen Konzepts „die Schiene transportiert, die Straße bringt“.
Der Knotenpunkt für den Wechsel von Schiene auf Straße stellt dabei das Schlüsselelement dar, da er die Zugangsstelle des integrierten Transportsystems darstellt, die allen Benutzerkategorien maximale Nutzbarkeit garantieren muss, indem ein Beschilderungssystem eingesetzt wird, das den Benutzer hin zur Dienstleistung führt, und zwar auch den nicht systematischen Benutzer (mit besonderer Bezugnahme auf die tourismusbezogene Mobilität).
Das Dienstleistungsangebot wurde mit koordinierten Fahrplänen ausgearbeitet, wobei bei der Programmierung der Fahrtzeiten der gleiche Rhythmus (Taktsystem) und die gleiche Phase (Symmetrie) verwendet wurden (Koordinierung der Fahrpläne auf der Symmetrieachse der Minute .00 an den relevanten Knotenpunkten mit dem Ziel, die Wartezeiten und die Betriebskosten zu minimieren).
Koordinierung des Image über das Studium der am besten geeigneten Materialien, auch in Funktion des geografischen Kontextes des Knotenpunktes, Koordinierung der Beschilderung am Knotenpunkt für den Wechsel des Verkehrsmittels für alle, die Linien auf Straße und auf Schiene benutzen, sowie Karten des Dienstleistungsnetzes stellen den Schlüssel zu einer Reiseerfahrung dar, die in der Lage ist, die wahrgenommene Qualität zu steigern und Mobilitätsanteile auch aus dem privaten Transport zu verschieben.
Für das Einzugsgebiet von Como-Lecco-Varese hat die neuerliche Aktivierung der Eisenbahnlinie Varese – Porto Ceresio und der Bau der neuen internationalen Verzweigung Arcisate – Stabio in Richtung Kanton Tessin die Möglichkeit eröffnet, das Straßennetz zu rationalisieren, indem sich überlagernde Verbindungen aufgehoben und neue, mit den Eisenbahndienstleistungen bei den Bahnhöfen in Bisuschio und Arcisate taktierte und koordinierte Dienste festgelegt wurden, die die Merkmale des neuen regionalen Produkts RLink annehmen können, da sie eine gesteigerte Zugänglichkeit des Bereichs und eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Mobilität garantieren.
Für den Bahnhof Rovato, einen interessanten Eisenbahnknotenpunkt des Einzugsgebiets Brescia, der zwei Eisenbahnen und einige neu geplante Autobuslinien miteinander verbindet, wurde ein neues städtebauliches Schema vorgeschlagen, das den Wechsel von den TPL-Linien auf Straße des Gebiets verbessert und die Verbindung zwischen den zwei gegenüber befindlichen Bahnhöfen von Rovato (ital. Staatsbahnennetz FS FN) und Rovato Borgo (nordital. Bahnnetz) effizienter gestaltet.
Es wurde eine operative Lösung für eine der Stellen studiert, an der das Programm für das Einzugsgebiet Bergamo die Integration Straße-Straße zwischen Überland- und städtischen Buslinien vorsieht, mit besonderem Augenmerk auf das Zentrum von Villa D’Almè.
Anlässlich der Neuprogrammierung der Eisenbahndienstleistungen entlang der Linie Cremona-Mantua wurden die Bahnhöfe ausgemacht, die Schlüsselstellen des Zugangssystems zu den östlichen Gegenden der Provinz Mantua darstellen. Es wurde eine zusätzliche Zubringer- und Verbindungsbuslinie mit der Ortschaft Sabbioneta vorgeschlagen, die für Touristen besonders attraktiv ist und die im Rahmen der neuen RLink-Dienste der Lombardei übernommen werden kann.
Die neue Hochleistungslinie des Einzugsgebiets Sondrio folgt schließlich ideell dem Streckenverlauf der Bahnlinie Mailand – Sondrio – Tirano. Sie garantiert Zugänglichkeit für den systematischen und touristischen Verkehr nach Bormio und Livigno und die Zwischenverbindung mit den Diensten aus dem Trentino und der Schweiz, wodurch auch sie einen wertvollen Prototypen des neuen RLink-Dienstes darstellt.
Die zur Verwirklichung dieser Projekte erprobte Methodologie kann in andere Situationen und Kontexte implementiert werden. In einem „Systemprojekt“ wird ausgehend von der Feststellung der Mobilitätsbedürfnisse der betroffenen Bevölkerung ein Transportdienstleistungssystem festgelegt, das in der Lage ist, diesen Bedürfnissen mit einem angemessenen Serviceniveau und minimalen gesellschaftlichen Kosten für die Gemeinschaft gerecht zu werden; und auf dieser Grundlage werden dann die Eingriffe zur Harmonisierung aller Betriebsprogramme der den lokalen Körperschaften vorgeschlagenen Dienstleistungen bewertet.
Zu diesem Zweck besteht die erste Tätigkeit in der Erkundung der aktuellen Nachfrage mittels spezifischer Untersuchungen zur Mobilität und zum Stand der Durchführung der bereits programmierten und finanzierten Maßnahmen. Hierauf folgt die Formulierung einer Reihe von Vorschlägen zu Modellen und Programmen des integrierten Schiene-Straße-Betriebs auf Grundlage der aktuellen und voraussichtlichen Nachfragen, sowie des Ziels in Sachen Serviceniveau, das der Gemeinschaft geboten werden soll.
Innerhalb dieser Projekte spielen auch die Entscheidungen hinsichtlich der Beleuchtung und der Positionierung der physischen Elemente eine wichtige Rolle. Zahlreiche Studien zeigen uns nämlich, dass die Qualität der Knotenpunkte in Sachen Ästhetik und Dienstleistungen für die Reisenden eine ausdrückliche Projektvariable werden sollte, da sie in bedeutendem Maße zur Steigerung der Zufriedenheit der Reisenden beitragen und wirtschaftliche Auswirkungen sowohl für die involvierten Betriebe als auch für die betroffenen Gebiete erzeugen kann.