Eine Mitfahrgelegenheit zu bieten oder sein eigenes Auto zu verleihen ist eine Praxis, die die private motorisierte Mobilität seit jeher gekennzeichnet hat, auch wenn sie für lange Zeit auf die informelle Dimension der primären Zugehörigkeitsbeziehungen beschränkt war (Familie, Nachbarn, Arbeitskollegen, Freunde, usw.). Im Laufe der Zeit begannen dann Phänomene wie das Slugging (d.h. frühe Formen des Car Pooling, die innerhalb der Städte organisiert wurden), bereits in den 70er-Jahren zu einem festen Bestandteil der städtischen Mobilitätspolitiken zu werden, insbesondere in einigen Städten wie Washington, Houston und San Francisco. Ab den 80er- und 90er-Jahren wurden diese Praktiken zu einem neuen Modell der kollektiven Mobilität, das dank der Verbreitung und Evolution der digitalen Technologien (von der Geolokalisierung bis zu den schnellen mobilen Verbindungen) immer effizienter wurde.
Das Potential der geteilten Mobilität erscheint umso relevanter je stärker die Nutzung des Privatfahrzeugs als wichtigstes städtisches und außerstädtisches Transportmittel verbreitet ist. Laut Eurobarometer-Daten benutzen 66% der Italiener täglich das Auto und werden dabei nur von Irland (68%) und Zypern (85%) übertroffen. Sie liegen damit weit über dem europäischen Durchschnitt von 50% bzw. dem von Ländern wie Frankreich (59%), Deutschland (50%) und Spanien (39%). Dem öffentlichen städtischen Transport seinerseits gelingt die Selbsterhaltung tendenziell nur in größeren städtischen Bereichen, wo er mindestens 30% des motorisierten Ortswechsels abdeckt.
Laut den Daten des „Pendolaria”-Berichts besteht bei der Mobilität auf der Schiene auf lokaler Ebene ein erhebliches Ungleichgewicht. Es gibt nur wenige italienische Regionen, in denen eine Zunahme der Passagierzahl verzeichnet wurde – wie in der Lombardei (+1,3%), in Apulien (+1,9%) und in der Emilia-Romagna (+3%) – während sich in zahlreichen anderen Regionen – wie in den Abruzzen (-11%) und in Kalabrien (-31%) – erhebliche Rückgänge abzeichneten. Diese Rückgänge sind auch auf eine beträchtliche Reduzierung der Züge und auf konstante Tariferhöhungen auf allen lokalen Ebenen zurückzuführen, die sogar Spitzenwerte von +41% erreicht haben. In Italien bestätigt sich daher die deutliche Bevorzugung des Privatautos eher als Einschränkung und nicht als freie Entscheidung, und dieser zwingende Charakter wird zum Lackmustest eines neuen Dualismus bzw. einer Ungleichheit sowohl auf territorialer als auch auf sozialer Ebene, die auch durch Politiken beschleunigt werden, mit denen die Zufahrt in die Innenstädte weniger attraktiv gemacht wird (Erhöhung der Parkgebühren, Einplanung verkehrsberuhigter Zonen, usw.).
Die Politiken der städtischen Mobilität blicken mit großem Optimismus auf die Entwicklung der Sharing Mobility, und in Italien zeigen die Trends eine bedeutende Steigerung. Laut dem Italienischen Verband für die Industrie der Autovermietung und der Autodienstleistungen ANIASA konnte das Car Sharing in Italien seit 2013 bis heute einen Gesamtzuwachs bei den Teilnehmern von rund 650.000 Einheiten verzeichnen, mit 11 Millionen Vermietungen und einer Flotte von beinahe 4.500 Fahrzeugen. Die Anmietungen verzeichneten einen durchschnittlichen Zuwachs von beinahe 17% pro Jahr. Neben den Car Sharing-Diensten gibt es in Italien mindestens 25 Plattformen, die Dienste im Zeichen der geteilten Mobilität mit einer peer2peer-Logik anbieten. Sie stellen damit den Sektor dar, auf den sich die größte Anzahl der unternehmerischen Initiativen in der gesamten italienischen Sharing Economy konzentriert. Dieser Trend ist das Ergebnis sowohl des Engagements des Transportministeriums für die Unterstützung dieser Formen der Mobilität, als auch der steigenden Nachfrage, die besonders in den städtischen Ballungsgebieten konzentriert ist, die von den sogenannten City Users (Arbeitnehmer, Studenten, Touristen usw.) am stärksten frequentiert werden, wie Mailand, Rom, Turin, und so weiter.
Die von der Mailänder Università Cattolica zu diesem Thema durchgeführten Untersuchungen zeigen jedoch auch Kritizitäten dieses Erfolgs auf und beleuchten Aspekte, die sowohl von den Firmen als auch von den Entscheidungsträgern oft nur wenig berücksichtigt werden:
- die ökologischen Gründe, die oft als Werbung für diese Art von Dienstleistungen vorgebracht werden, werden von den Benutzern fast ignoriert oder sind nur in geringstem Maße relevant. Entscheidendere Gründe für das Car Sharing sind die Flexibilität beim Parken oder die Zufahrt zu verkehrsberuhigten Zonen. Der bedeutendste Grund für das Car Pooling besteht im Ersparnisfaktor, verbunden mit der Gemeinsamkeit, wobei diese Kombination von den Fahrern gegenüber den Passagieren leicht bevorzugt wird;
- diese Dienstleistungen betreffen noch Nischenbenutzer (man schätzt, dass sie bestenfalls weniger als 4% der motorisierten Ortswechsel in der Stadt betreffen). Wenn man sich überdies das Benutzerprofil ansieht, ist offensichtlich, dass eine starke Selbstselektion vorliegt und die Benutzer daher vorwiegend Männer, junge Leute, Beschäftigte und Personen mit hohem Bildungsgrad sind. Daher bleiben diese Dienstleistungen für einen Großteil der Benutzer wenig zugänglich und attraktiv, da es an geeignetem wirtschaftlichem und kulturellem Kapital mangelt. Letzteres betrifft nicht nur den digitalen Alphabetisierungsgrad (der für den Zugang zu diesen Dienstleistungen von wesentlicher Bedeutung ist), sondern auch die Verwurzelung einer notwendigen Kultur der Zusammenarbeit und gemeinsamen Nutzung, damit diese Formen sich immer mehr verbreiten und integrieren;
- die Fahrten mittels Car Sharing sind zu 90% zwischen 1 und 11 km lang (durchschnittlich 6,27 km) und dauern 19,28 Minuten (Haltepausen ausgeschlossen), Daten, die denen eines Privatautos in der Stadt sehr nahe kommen. Die Benutzer der geteilten Mobilität wenden diversifizierte Transportoptionsmuster an, bei denen das Privatauto jedoch weiterhin die Hauptlösung für notwendige Ortswechsel darstellt, auch wenn sie sich nicht als intensive Fahrer qualifizieren. Daher reduziert die geteilte Mobilität die Verwendung des Autos allem Anschein nach noch weiter, vor allem unter jenen, die es nur wenig benutzen (d.h. die nicht mehr als 15.000 km pro Jahr zurücklegen). Vergleichsweise geringer ist die negative Auswirkung auf die öffentlichen Verkehrsmittel (die von einigen Kritikern der Sharing Mobility befürchtet und von einigen amerikanischen Studien belegt wurde). Die Untersuchungen bestätigen uns vielmehr, dass die geteilte Mobilität dazu tendiert, die öffentlichen Verkehrsmittel zu fördern und zur Intermodalität anzuregen, eben weil sie flexibel und fähig ist, sich in den Markt-Zwischenräumen zu entwickeln, die von anderen Formen der Mobilität freigelassen wurden.
Eine Lösung für diese kritischen Kernpunkte zu finden, muss die Priorität all jener darstellen, die sich mit der Governance der Zufahrt zu den Städten und der städtischen Flüsse beschäftigen. Es liegt auf der Hand, dass die gemeinsame Nutzung keine Lösung für den Kernpunkt Mobilität im „urbanen Jahrhundert“ darstellt und auch nicht darstellen kann, auch weil ganz klar ist, dass ihre Auswirkungen umso positiver sind, je mehr diese Lösungen in der Lage sind, sich mit den anderen existierenden Lösungen zu integrieren, und mit einer Effizienz und Servicequalität, die sie in den verschiedenen Kontexten zum Ausdruck bringen können. Überdies bedeutet die Handhabung und Innovation der städtischen Mobilität nicht, ausschließlich auf der Ebene der Gliederung der verfügbaren Transportnetze zu handeln, sondern auch auf die Mobilitätskompetenzen und die soziokognitiven Faktoren einzuwirken, die mit der Verwendung der Transportmittel verbunden sind.
Die wirtschaftliche und kulturelle Zugänglichkeit bleibt ein wesentlicher Punkt, damit eine kritische Masse von Benutzern dieser Dienstleistungen erreicht werden kann.
Bei diesem Thema können die öffentlichen Politiken eine zentrale Rolle spielen: von Schulungsprogrammen für Erwachsene und ältere Menschen zur digitalen Alphabetisierung, die auch auf den Zugang zu den Märkten der gemeinsamen Nutzung ausgerichtet ist; über die Aufhebung der Extragebühren in nicht zentral gelegenen Bereichen, die von einigen Providern verlangt werden; günstigere Tarife für bestimmte Benutzerkategorien; Einbeziehung von Betrieben und Arbeitgebern in die Förderung interner Car Sharing- und Car Pooling-Programme; dies könnte auch innerhalb bestimmter Stadtviertel erfolgen, indem eventuell bereits bestehende gemeinschaftliche Netzwerke wie die der Social Streets aufgewertet werden; Abdeckung von Zonen und Zeitbereichen, in denen die öffentlichen Verkehrsmittel am wenigsten zur Verfügung stehen; Einführung korrelierter und integrierter Abo-Formen; bis hin zu Vereinbarungen mit Netzwerken, an denen Autowerkstätten, Autogaragen und Parkplätze beteiligt sind.