Illustration von Anna Resmini
Auf die territoriale Umweltplanung angewandte Resilienz
Ein Interpretationsschlüssel für die IngenieurplanungWährend meiner beruflichen Laufbahn als Entwerfer von Infrastrukturen hatte ich es immer mehr mit dem Konzept der auf Kontexte der territorialen Umweltplanung angewandten Resilienz und der Lebenszyklusanalyse von Infrastrukturen (Mobilität, Energie und Ressourcen) zu tun.
In diesen letzten Arbeitsjahren habe ich mich daher näher mit diesem Thema beschäftigt und insbesondere auf die jüngsten Studien zum resilient thinking konzentriert, die meiner Ansicht nach immer relevanter für die Manager- und Projektpraxis wurden. Das Hauptmerkmal der resilienten Denkweise besteht nämlich in der Fähigkeit, bei der Handhabung der kritischen Phasen eines Projekts (Wirtschaft, Gesellschaft, Firma, Projekt, Team usw.) die Wege hin zu Strategien der Integration und Inklusion zu leiten und die Logik der Effizienz als einzige mögliche Lösung zu überwinden.
Die Wissenschaftler und Intellektuellen des Resilienz-Zentrums in Stockholm haben ausgehend von den Naturwissenschaften, von Mathematik und Soziologie 7 Säulen für eine resiliente Denk- und Handlungsweise ausgemacht. Sie entstehen im Rahmen der Wahrung umweltfreundlicher Dienstleistungen, können jedoch auch intuitiv aus den Bedürfnissen des resilienten Projekt- und Managergedankens extrapoliert werden.
Die erste Säule der resilienten Handlungsweise besteht in der „Unterstützung von Diversität und Redundanz”. Das bedeutet, auf die Zusammensetzung der aktiven Elemente des Systems einzuwirken, sie zu bewahren oder zu erweitern. Daher ist es notwendig, die Redundanz aufzuwerten, denn sie ermöglicht es dem System, dem Zusammenbruch eines seiner Bestandteile standzuhalten, indem eine im Wesentlichen gleichwertige bzw. eine Redundanz mit einem minimalen Unterschiedsgrad im Verhältnis zur Antwort ins Spiel gebracht wird.
Parallel dazu tut man gut daran, die ökologische Diversität aufrechtzuerhalten, denn zu viel Einheitlichkeit und Vereinheitlichung schwächen die Antworten des Systems ab.
Die Einführung redundanter und diversifizierter kritischer Komponenten in die Governance-Struktur eines Systems gestattet die Aufwertung der Mechanismen, die unterschiedliche Standpunkte, maßgeschneiderte Antwortstrategien, Lernvorgänge und Eigenorganisation des Systems erzeugen.
Die zweite Säule, die sich auf die Resilienz eines sozioökologischen Systems auswirkt, ist die Handhabung der Verbindungsfähigkeit. Starre Verbindungen schwächen das System; ein flexibles Verbindungsnetz hingegen begünstigt die Modularität und den Aufbau autonomer Mikronetzwerke, wodurch die Resilienz des Systems gesteigert wird. Eine gute – ausgewogene und nicht zu verworrene – Verbindung ist daher ein optimales Hilfsmittel für die Handhabung eines Schocks.
Im Rahmen dieses Kontextes darf der Einfluss nicht vergessen werden, den jede einzelne Person auf das Verbindungsnetz hat: vom sozialen Gesichtspunkt aus sind die Menschen Akteure eines Systems, das in ein Verbindungsnetz verstrickt ist. Die Intensität und die Verzweigung dieser Bindungen können sich auf die Reaktion des Systems auswirken.
Es ist offensichtlich, dass diese zwei Säulen auf dem Gebiet der Gestaltung (Auswirkung auf die ökologischen Netzwerke, Aufrechterhaltung der Kontinuität der bestehenden Dienstleistungen in Bezug auf das Ökosystem, usw.) und der Verwirklichung von Infrastrukturen (Interessenvertreter-Management, Identifizierung und Einbeziehung der territorialen Gemeinschaften) Anwendung finden.
In einem Kontext, der raschen Veränderungen unterliegt, sind die Handhabung langsamer Variablen – die dem System zugrunde liegen und langfristig wirken – und die Fähigkeit, unverzüglich mit den rückwirkenden Mechanismen zu interagieren (dritte Säule) von wesentlicher Bedeutung für die Bewahrung der Dienstleistungen, die das System erzeugt. Die Fähigkeit, jene Feedback-Mechanismen zu identifizieren, die unkontrollierte Störwirkungen auslösen (wie etwa Überschwemmungen, die durch eine falsche territoriale Planung entstehen, verstopfte Verkehrsadern, die durch eine mangelnde Planung der Auswirkung von Baustellen auf das vorhandene Transportsystem erzeugt werden, usw.) hilft dabei, das System, auf das eingewirkt wird, im Gleichgewicht zu halten.
Die Welt, in der wir tätig sind, besteht aus einem Netz von Verbindungen, die in Maßstab und Typologie unterschiedlich sind und die ein nicht vorherbares System erzeugen, das in der Lage ist, sich selbst zu regulieren (Complex Adaptive Systems). Die Fähigkeit, mit dieser vierten Säule im Auge zu planen, bedeutet, sich in einem systemischen resilienten Gedanken zu üben. CAS-Thinking ist kein reduktionistischer Gedanke; im Gegenteil, es treibt uns dazu an, Zeit in die Analyse der mentalen Modelle der verschiedenen involvierten Akteure zu investieren, in die Struktur ihres Entscheidungssystems, in die Entfernung kognitiver Hindernisse für die Veränderung.
Das bedeutet, fähig zu sein, die eigenen Handlungen und das eigene Projekt im Bewusstsein um die Handlungsskala des eigenen Systems und der Beziehungen, die man mit den anderen unterhält, richtig zu platzieren. CAS-Thinking spornt uns dazu an, Szenarien zu erforschen, ja vielmehr Risiken zu bewerten und uns Interaktionen vorzustellen, die sich in Evolution befinden und anpassungsfähig sind, anstatt uns auf unveränderliche Strategien und Taktiken versteifen.
Die fünfte Säule hängt mit dem Lernen zusammen, das in diesem Fall auf seine tiefste Bedeutung zurückgebracht werden muss, nämlich die des Lernens, indem man vor Ort experimentiert. Man spricht von adaptive management (bei dem das Experimentieren und die Bewertung alternativer Hypothesen wesentliche Verwaltungsphasen darstellen), adaptive co-management (bei dem mit dem Lernen die Phase des Teilens der Kenntnisse zwischen den verschiedenen Akteuren vereint wird) und adaptive governance (die die Organisationsstruktur in den Beziehungen zwischen Akteuren, Organisationen und Teilen des Systems mit dem Zweck codiert, neue soziale Normen und Zusammenarbeitsebenen zu schaffen). Es handelt sich um drei Ansätze, die ihren Fokus auf das Lernen als wesentlichen Teil der operativen Projektverwaltung setzen, indem die theoretischen und programmatischen Annahmen vor Ort validiert werden.
Die Erweiterung der Beteiligung (Säule Nr. 6) bedeutet, die Analyse gegenüber einer ausreichend großen Anzahl an unterschiedlichen Akteuren zu öffnen, um Glaubwürdigkeit, Verständnis und gemeinsame Nutzung der Ziele (public and stakeholder engagement) zu garantieren. Eine angemessene Erweiterung der Beteiligung ist vor allem in den ersten Evolutionsphasen eines komplexen Systems fruchtbar. Eine Steigerung der Resilienz vom Standpunkt der sozialen Komponenten des Systems aus erhält man nämlich auch dank der Expansion des Netzes, das in der Lage ist, Rückwirkungen oder Signale dafür auszumachen, dass man sich in der Nähe der kritischen Schwellen befindet.
Die vom Resilienz-Zentrum Stockholm ausgemachte siebte Säule ist die Förderung polyzentrischer Governance-Systeme. Die Zusammenarbeit zwischen Institutionen und Organisationen verstärkt außer den Limits der Skalen und der traditionellen Governance die Verbindungsfähigkeit und gestattet es den geeigneten Akteuren, bei Veränderungen oder Störungen rechtzeitig einzugreifen. Die polyzentrische Governance schafft nämlich Gelegenheiten zum Lernen und Experimentieren, sie erweitert die Teilnahmemargen, verbessert die Verbindungsfähigkeit, begünstigt die Modularität, verbessert die Möglichkeit, eine Diversifizierung der Antworten zu erhalten, und schafft eine Redundanz, die Governance-Fehler reduziert.
Schlussfolgerungen
Was den Resilienz-Gedanken auf verschiedenen Fronten interessant macht, ist seine typische Aufforderung zur Veränderung und zur Bottom-up-Logik, die Einladung zur Innovation, zur Anpassung und zur Öffnung gegenüber den Einflüssen der Umgebung, auch wenn es uns scheint, unser diesbezügliches Kontrollniveau zu reduzieren.
Resilientes Denken ist daher ein bedeutender Interpretationsschlüssel, um komplexe und aktuelle Themen in Angriff zu nehmen, die sowohl der Ingenieurplanung als auch dem Management nahestehen, wie Nachhaltigkeit und Auswirkung eines infrastrukturellen Eingriffs, eine neue Verwaltungspolitik oder die Organisation eines Teams.
Im spezifischen Fall der Fluss-Infrastrukturen ebnet die Aufforderung zur Bewertung der vielfältigen Szenarien anstatt der Fokussierung auf Risiken, die mit einer einzigen Konfiguration verbunden sind, den Weg für innovative Entwurfsstrategien wie das Lebenszyklus-Design. Es handelt sich indirekt um eine Anregung, die Vorphasen des Entwerfens aufzuwerten, um die Kenntnis des umweltbezogenen, sozialen und wirtschaftlichen Hintergrundes zu vertiefen und einen infrastrukturellen Eingriff in die Wege zu leiten, der nachhaltig ist, weil er die Resilienz des ökologischen (und anthropologischen) Systems, in das er sich einfügt, verbessern kann.
