Das Thema der sogenannten „agilen” Arbeit ist häufiger Gast auf den Seiten, die die italienischen Tageszeitungen der Arbeitswelt widmen. Auf welche Weise beeinflusst diese Praxis, die heute auf globaler Ebene immer weiter verbreitet ist, die Organisation der Arbeit und vor allem die Beziehungs-, Informations- und Projektflüsse, die die italienischen Unternehmen Tag für Tag beleben?
Der jüngste Höhepunkt der Aufmerksamkeit in Sachen flinke Arbeit wurde Mitte Februar 2017 verzeichnet, als ein Dossier der International Labour Organization und Eurofound (Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen) veröffentlicht wurde.
Der Bericht mit dem Titel Working anytime, anywhere: The effects on the world of work ist der Rolle der Technologie bei der fortschreitenden „Entmateralisierung” der abhängigen Arbeit in Europa gewidmet. Besonderes Augenmerk ist den Arbeitsmöglichkeiten außerhalb der Büros gewidmet, die hauptsächlich in Sachen geeignete technologische Ausstattung und neuer Policies in Bezug auf Arbeitsorte und –zeiten behandelt werden. Die Veröffentlichung des Dokuments wurde von der italienischen Presse vor allem zur Vermittlung des Aspekts verwendet, der auf den etwa achtzig Seiten des Dokuments der unmittelbarste ist und am besten journalistisch verwertet werden kann, d.h. die Rangliste der Prozentsätze an agilen Arbeitnehmern für jeden europäischen Staat.
Wie dies seit mittlerweile allzu langer Zeit bei den Ranglisten der „Klassenbesten“ Europas geschieht, klingen die Daten für den italienischen Leser ebenso gewohnt wie besorgniserregend: Italien ist das letzte Land auf der Liste und bleibt auf einem Wert von etwa 7%, wenig davor liegen Griechenland, die Tschechische Republik und Polen. Wenige Überraschungen gibt es auch auf der anderen Seite des Verzeichnisses: in Führung liegen Dänemark, Schweden, Holland und das Vereinigte Königreich mit Prozentsätzen zwischen 25% und 35%.
Ein aufmerksamer Blick auf die Rangliste zeigt, dass die angeführten Prozentsätze eine Summierung aus drei verschiedenen Bereichen sind: Telearbeit, Arbeit außerhalb der Büros, die unter hohen Mobilitätsbedingungen erbracht wird (d.h. an mehreren Tagen in der Woche und von mehreren Orten aus) und die gelegentliche externe Tätigkeit, d.h. die eigentliche agile Arbeit (die, und es schadet nicht, daran zu erinnern, auf jeden Fall eine weitere Gelegenheit über die normale Büroarbeit hinaus darstellt).
Fokussiert man seinen Blick auf die gelegentliche Arbeit außerhalb des Büros, wird die Lektüre des italienischen Kontextes vielversprechender: Bei uns wird zwar wenig Telearbeit praktiziert und es gibt auch wenige Arbeitnehmer mit hohen Mobilitätschancen, die agile Arbeit zeigt jedoch zumindest für die großen Unternehmen einen würdigen Prozentsatz, vor allem, wenn man sie als periodische Arbeit zu Hause versteht. Versuchen wir, diesen letztgenannten Parameter zu isolieren, dann positioniert sich Italien in etwa in der Mitte der Rangliste. Worin besteht jedoch der Wert dieser Position?
Diese Frage impliziert eine weitere, die sich zum Thema Wert auf die Fragestellung konzentriert, ob die Möglichkeit, dank der Technologien außerhalb des Büros zu arbeiten an und für sich als ein Wert zu betrachten ist oder nicht. Mit anderen Worten: Da Italien eine Stellung „in der Mitte der Rangliste“ einnehmen kann, gibt es – über die reinen technologischen Daten hinaus, bei denen man oft stehenbleibt – relevante Ergebnisse, die dergestalt sind, dass die neuen Arbeitsmodalitäten als eine bedeutende Verbesserung der Produktivität und der Arbeitsqualität betrachtet werden können?
Mit Erlaubnis der verschiedenen Beobachter, die sich dem Thema widmen, ist es noch viel zu früh, um dem Status der „smarten“ Arbeit in Italien eine vernünftige Bewertung zu geben (wobei smart sowohl die Arbeit außerhalb des Büros umfasst, als auch die Veränderungen in Verbindung mit Hilfsmitteln, Arbeitsräumen und vor allem der Art, in letzteren zu wohnen). Die Projekte zur Einführung der smarten Arbeit sind zu sämtlichen Zwecken Wege der organisatorischen Veränderung, und als solche erfordern sie vor allem unter dem Gesichtspunkt der Auswirkung auf die Kultur und die Alltagsgewohnheiten eine vernünftige Zeitspanne. Die Firmen sind zwar aus Gründen der Kommunikation, des Marketing und der Attraktivität oft dazu veranlasst, sich so rasch wie möglich mit Etiketten und Preisen in Bezug auf das Thema „smart“ zu schmücken, die Wahrheit ist jedoch, dass man die Eile hinter sich lassen muss, wenn man den Arbeitsmodus wirklich ändern will.
Die vielleicht wichtigste Botschaft, die im Mittelpunkt der neuen Arbeitsmodalitäten steht, kann mit einem Slogan zum Ausdruck gebracht werden, der auf Englisch besonders gut klingt: work is not a place; it’s what you do. In diesen anscheinend banalen Worten liegt der ganze Sinn der aktuellen Revolution der Arbeit, bei der es bei genauerem Hinsehen unter Verweis auf Entmaterialisierung und Delokalisation vor allem um Verantwortung geht. Das Augenmerk gegenüber dem „what you do“ impliziert ein hohes Niveau an Bewusstsein, Autonomie und Selbstorganisation auf allen „Ebenen“ der Organisationshierarchie, mit speziellem Augenmerk auf alle Ausformungen der Beziehung Vorgesetzter-Mitarbeiter. Und in Bezug auf diese Punkte, und nicht so sehr, was die Investitionen in Technologie oder die damit verbundene technische Ausbildung angeht, ergibt sich, dass die italienischen Organisationen heute ziemlich unvorbereitet sind.
In Sachen berufliche Reife weist das System der untergeordneten Arbeit – und insbesondere in den Großunternehmen – noch viele Schwachpunkte auf, die hauptsächlich mit einem Ethos der Parzellierung der Verantwortung verbunden sind und die keine flache Organisation bisher umkrempeln konnte. In diesem Sinne kommt das Hauptbeispiel für eine smartere Organisation der Arbeitsflüsse nicht so sehr von technologischen Lösungen oder raffinierten Managermodellen, sondern vielmehr von den anscheinend einfachen und vorhersehbaren Beispielen des Selbständigen oder des Kleinunternehmens, wo die Beziehung zwischen Bürokratisierung der Arbeit und individueller Haftung Dynamiken erlebt, die im krassen Gegensatz zu denen eines Großunternehmens stehen.
Als abschließende Reflexion kann einer sehr einfache Metapher zur Auslegung geliefert werden: Für die italienischen Arbeitnehmer impliziert der Beginn einer smarten Arbeit einen Übergang, der dem vom Gymnasium auf die Universität ähnlich ist. So wie ein Student bei diesem schulischen Übergang eine höhere Fähigkeit zur Organisation und Verantwortung erlangen muss, muss der abhängige Arbeitnehmer vor allem in Sachen Bewusstsein, Selbstmotivierung und Engagement wachsen. In diesem Sinne und von einem Gesichtspunkt aus, der keineswegs auf die Technologie blickt, sondern vielmehr auf die „sanften“ Fähigkeiten, besteht das echte Versprechen – und die Herausforderung – der agilen und smarten Arbeit in Italien darin, auf organisatorischer Ebene Wege einzurichten, deren Ziel das Erreichen eines „systemischen“ Makroziels ist: Der Aufbau einer Klasse an Führungskräften und im Allgemeinen einer „kritischen Arbeitsmasse“, die über eine höhere Reife verfügt, wenn es um die Arbeit geht. Jede Organisation, die einen derartigen Weg einschlägt und dabei Ehrlichkeit, Transparenz und die oben zitierte Geduld an den Tag legt, ist es würdig, gelobt und unterstützt zu werden.